Wissenschaftliche Namen von Aquarienpflanzen
Eine Erklärung der Bezeichnungen

Wenn man den "lateinischen", besser gesagt den wissenschaftlichen Namen einer Wasserpflanze liest, fallen dem Aquarianer mitunter unterschiedliche Schriftarten und Kennzeichnungen auf. Wann wird ein Pflanzenname kursiv geschrieben, was bedeuten die Abkürzungen und Ergänzungen mit Anführungszeichen? Wir geben in diesem Beitrag unserer Aquascaping Wiki die Antworten.

Wissenschaftliche Namensgebung

In der Biologie werden Lebewesen nach ihren Verwandtschaftsbeziehungen klassifiziert. Damit befasst sich die Systematik. Die dabei unterschiedenen Gruppen werden mit wissenschaftlichen Namen versehen, das ist die Aufgabe der sogenannten Taxonomie. Die wissenschaftlichen Namen werden auch Taxon-Namen oder Taxa genannt. Sie ermöglichen es, über die vielen verschiedenen Pflanzen, Tiere, Pilze und anderen Organismen-Gruppen auf der Erde international verständlich zu kommunizieren. Zwar gibt es in allen Sprachen auch Volksnamen, sogenannte Trivialnamen, aber oft sind sie uneindeutig und regional verschieden. Zum Beispiel können mit dem deutschen Namen "Wasserstern" Hygrophila- oder Callitriche-Arten oder auch Pogostemon helferi gemeint sein. Ebenso gibt es auf der Erde unzählige Arten, für die es zum Beispiel im Deutschen noch gar keinen speziellen Namen gibt. Darum sind wissenschaftliche Namen auch für den Hobbybereich und Handel nützlich.
Die sogenannte Nomenklatur legt international verbindliche Regeln für die korrekte wissenschaftliche Benennung aller Lebewesen fest. Für verschiedene Gruppen von Lebewesen gibt es jeweils eigene Regelwerke (Nomenklatur-Codes). So gibt es den Internationalen Code der Nomenklatur für Algen, Pilze und Pflanzen (ICNafp) und für Tiere den Internationalen Code für die Zoologische Nomenklatur (ICZN). Ein wissenschaftlicher Name ist gültig, wenn er nach bestimmten, in den Nomenklatur-Codes aufgeführten Regeln veröffentlicht worden ist.
Ganz zentral ist dabei die Benennung von Arten (Species). Grundlage dafür ist heute die binäre ("zweiteilige") Nomenklatur, die auf Carl von Linné im 18. Jahrhundert zurückgeht. Jeder Artname besteht aus zwei Teilen: Der erste Namensteil gibt die Gattung des Lebewesens an. Er beginnt mit einem Großbuchstaben. Der zweite Teil wird klein geschrieben und bezeichnet die jeweilige Art innerhalb der Gattung. Er heißt Artzusatz, Artnamens-Zusatz oder auch Epitheton. Manchmal wird er auch einfach "Artname" genannt, doch ein Artname besteht immer aus Gattungsnamen und Artnamens-Zusatz. Diese beiden Namensteile werden üblicherweise kursiv geschrieben. Als Beispiel sei die Wasserpflanzen-Art Rotala rotundifolia (Rundblättrige Rotala) erwähnt. Rotala ist der Gattungsname und rotundifolia der Artnamens-Zusatz (das Epitheton).

Rotala rotundifolia

Es gibt auch wissenschaftliche Namen für höherrangige Verwandtschaftsgruppen. Zum Beispiel werden die Gattungen Rotala, Ammannia und Didiplis zur Familie Lythraceae (Blutweiderichgewächse) und Ludwigia zur Familie Onagraceae (Nachtkerzengewächse) gezählt. Diese beiden Familien gehören wiederum zur Ordnung Myrtales (Myrtenartige). Solche Namen für Gruppen oberhalb der Gattung werden nicht kursiv geschrieben.

Wissenschaftliche Namen beruhen aus historischen Gründen grundsätzlich auf dem Lateinischen und seinen Grammatik- und Ausspracheregeln, weshalb sie oft "lateinische Namen" genannt werden. Sie können aber auch aus dem Altgriechischen und vielen anderen Sprachen stammen, von Personennamen abgeleitet sein oder sogar Kunstwörter darstellen. Man muss nicht wissen, was sie wörtlich bedeuten, dies kann aber recht interessant sein und auch helfen, sie sich besser zu merken.
Die Namen beschreiben keineswegs immer spezifische Eigenschaften einer Art. Ludwigia repens zum Beispiel bedeutet "Kriechende Ludwigie"; diese Pflanze wächst in der Landform tatsächlich kriechend, doch dies tun auch viele andere Ludwigia-Arten. Der Name ist aber der Schlüssel zu exakten Beschreibungen und einer Fülle sonstiger Informationen über die jeweilige Art.
Die Aussprache von wissenschaftlichen Namen wird manchmal durch Betonungszeichen erleichtert. Wie im Lateinischen üblich, liegt die Betonung entweder auf der vorletzten oder der drittletzten Silbe eines Worts. Zum Beispiel Hydrocótyle verticilláta: Hy-dro-có-ty-le (drittletzte Silbe betont) ver-ti-cil-lá-ta (vorletzte Silbe betont).

Autorennamen und -kürzel

Hinter den Artnamen stehen mitunter abgekürzte oder ausgeschriebene Personennamen und auch Jahreszahlen. Sie werden nicht kursiv geschrieben. Dies sind Autorenzitate, sie geben an, wer den jeweiligen Namen wann zuerst gültig veröffentlicht hat. Solch ein Autorenzitat gehört zwar eigentlich zum vollständigen wissenschaftlichen Namen, ist aber in der Praxis meistens nicht weiter wichtig und kann dann weggelassen werden.
Beispiel: Egeria densa Planchon (1849), abgekürzt Egeria densa Planch.: Diese Art wurde erstmals im Jahr 1849 von Jules Émile Planchon wissenschaftlich benannt und beschrieben.
Nicht selten stehen Autorennamen auch in Klammern. Das ist der Fall, wenn die Art später in eine andere Gattung überführt worden ist.
Beispiel: Rotala rotundifolia (Roxburgh) Koehne (1880), abgekürzt: Rotala rotundifolia (Roxb.) Koehne. Diese Art wurde erstmals von Roxburgh unter dem Namen Ammannia rotundifolia beschrieben und im Jahr 1880 von Koehne in die Gattung Rotala überführt.

Unterarten, Varietäten und Formen:
ssp., subsp., var., f.

Von vielen Pflanzenarten werden Unterarten oder Varietäten unterschieden. Unterart- oder Varietät-Zusätze werden in botanischen Namen durch die vorangestellten Abkürzungen subsp. oder ssp. (für subspecies, Unterart) und var. (für varietas, Varietät) gekennzeichnet. Diese Abkürzungen innerhalb des Namens werden nicht kursiv geschrieben.
Beispiele dafür sind Nechamandra alternifolia subsp. angustifolia und Anubias barteri var. nana.

Anubias barteri var. nana

Selten findet man auch die Abkürzung f. (für forma, Form) in botanischen Namen. Die Rangstufe “Form” spielt in der heutigen Zeit aber kaum noch eine Rolle.
Übrigens: In der Zoologie werden Unterart-Namen nicht durch ein Kürzel gekennzeichnet. Hier ist das zweite Wort der Art-, das dritte der Unterart-Zusatz, zum Beispiel der Uhu: Bubo bubo bubo oder der Monrovia-Hechtling: Epiplatys dageti monroviae.

Weitere Kürzel: sp., spec., spp., cf., ×

Die Abkürzung sp. (oder spec.) steht für das lateinische Wort species, "Art", und wird ebenfalls nicht kursiv geschrieben. Man verwendet das Kürzel, wenn von einem Lebewesen zwar die Gattung, aber nicht die Art bekannt ist, oder die Art aus anderen Gründen nicht genannt wird. Es dient dann als "Platzhalter" für den fehlenden Art-Zusatz.
Zum Beispiel: Riccardia sp. oder Riccardia spec.: "eine Riccardia-Art". Wenn man mehrere Arten meint, wird das durch die Abkürzung spp. ausgedrückt, z.B. Riccardia spp., "Riccardia-Arten".

Es gibt auch provisorische Namen mit der Abkürzung cf. zwischen dem Gattungsnamen und dem Artnamens-Zusatz. Solche Bezeichnungen finden sich häufiger bei Zierfischen als bei Aquarienpflanzen. Das Kürzel cf. steht für das lateinische "confer", was "vergleiche" bedeutet. Dies kann mehrere Bedeutungen haben: etwa dass ein Lebewesen noch nicht sicher bestimmt worden ist, aber man schon vermutet, zu welcher Art es gehört. Oder es ähnelt einer bekannten Art, aber entspricht ihr nicht ganz, zählt möglicherweise sogar zu einer neuen, noch unbeschriebenen Art. Mit dem Kürzel cf. wird dieses Lebewesen dann der Art zugeordnet, mit der man es vergleicht. Auch diese Abkürzung wird nicht kursiv geschrieben.
Beispiel: Die Karibische Minze, Clinopodium brownei, wurde in der Aquaristik zunächst provisorisch Clinopodium cf. brownei genannt. Sie war noch nicht sicher bestimmt worden, aber man vermutete bereits, dass sie zu der Art Clinopodium brownei zählt.

Man findet manchmal auch das Zeichen × in Pflanzennamen. Es wird oft für den Buchstaben x gehalten und auch so geschrieben, aber eigentlich ist es ein "Malkreuz", das Multiplikationszeichen, und wird auch als "mal" gelesen. Es kennzeichnet Hybriden (Kreuzungsprodukte, Bastarde) von Pflanzen.

Ludwigia × lacustris

Ein Name für eine "Hybridart" (eine sogenannte Nothospecies) ist zum Beispiel Ludwigia × lacustris. Diese Pflanze, die See-Ludwigie aus Nordamerika, galt ursprünglich als eigenständige Art (Ludwigia lacustris) und entpuppte sich später als ein natürliches Kreuzungsprodukt aus den Arten Ludwigia brevipes und Ludwigia palustris. In solchen Fällen wird das × vor den Artnamens-Zusatz gestellt.
Hybriden können auch durch eine Hybridformel angegeben werden. Das × wird dann zwischen die Namen der Eltern-Arten gestellt. Im Fall von Ludwigia × lacustris heißt das dann Ludwigia brevipes × Ludwigia palustris oder kurz Ludwigia brevipes × palustris.

Nicht-wissenschaftliche Namensanhänge:
Hilfs-, Fundort-, Handelsnamen, Sortennamen

Nicht selten kommt man mit dem wissenschaftlichen Namen allein nicht aus, um eine Pflanze so genau zu bezeichnen, wie man es bräuchte. Rotala sp. zum Beispiel ist der korrekte botanische Name für eine Rotala, die noch nicht bis zur Art bestimmt worden ist. Man kann solch eine Pflanze zum Beispiel nach ihrem Fundort Rotala sp. "Cambodia" nennen, aber auch dann sind Beschreibungen und Bilder nötig, um zu erklären, was man damit meint, denn in Kambodscha (Cambodia) kommen verschiedene Rotalas vor. Oder die Art ist bekannt, aber man möchte eine bestimmte Fundortvariante oder Auslese benennen, für die es keinen anerkannten wissenschaftlichen Namen gibt. Das ist z.B. bei Ludwigia inclinata var. verticillata "Araguaia" oder der Seerose Nymphaea micrantha "Gefleckt" der Fall. Oft kreieren Händler auch verkaufsfördernde Fantasienamen, so kommen viele nicht näher bestimmte Bucephalandra-Formen unter Hunderten von Handelsbezeichnungen wie Bucephalandra sp. "Brownie Ghost" oder Bucephalandra sp. "Velvet Tricolor" auf den Markt.

Bucephalandra sp.

Solche Namens-Anhänge werden nicht kursiv geschrieben und sollten stets in doppelten Anführungszeichen stehen, um sie vom wissenschaftlichen Teil des Namens abzugrenzen.
Ein besonderer Fall sind Sortennamen (Cultivarnamen). Sie werden durch einen Sorten-Zusatz (ein Cultivar-Epithet) gekennzeichnet. Dieser wird ebenfalls nicht kursiv geschrieben, aber in einfache Anführungszeichen gesetzt. Für Sorten-Benennung gibt es sogar ein Regelwerk, den Internationalen Code für die Nomenklatur der Kulturpflanzen (ICNCP). Sorten-Zusätze können an Art-, Unterart- oder Varietätennamen gehängt werden. Ein Beispiel ist Hygrophila polysperma 'Rosanervig', eine Auslese der Art H. polysperma mit weißen bis rosa Blattnerven. Viele Sortennamen bestehen aber nur aus Gattungsnamen und Sorten-Zusatz. Die Sorte Echinodorus 'Kleiner Bär' zum Beispiel hat eine komplexe Entstehung, sie ist durch mehrfache Kreuzung aus verschiedenen Echinodorus-Arten gezüchtet worden. Man kann sie deshalb zwar der Gattung Echinodorus, aber keiner Art zuordnen.

Echinodorus Dschungelstar Nr. 2 'Kleiner Bär'