Mangelerscheinungen an Wasserpflanzen
Wuchsschäden richtig deuten

In dem Artikel "Düngung eines Pflanzenaquariums" haben wir euch bereits die wichtigsten Nährstoffressourcen für den Wuchs von Wasserpflanzen vorgestellt. Dabei geht es, kurz zusammengefasst, um die Faktoren Licht, Kohlenstoff, Mikro- und Makronährstoffe. Nach dem Liebigschen Minimumgesetz ist eine vollständige Abdeckung der Nährstoffversorgung wichtig, damit die Pflanzen vital wachsen können.
Kommt es bei Aquarienpflanzen zu gehemmtem Wuchs oder sogar absterbendem Gewebe, liegt in der Regel ein Nährstoffmangel oder -ungleichgewicht vor. Nicht selten geht diese Situation mit einem verstärkten Algenauftreten einher.
Dieser Artikel beschäftigt sich nun mit Mangelerscheinungen an Wasserpflanzen in einem Aquarium. In der Praxis lassen sich diese Schadbilder nicht ganz eindeutig nur einem bestimmten Nährstoff zuordnen, da sie einander zum Teil sehr ähneln oder unterschiedliche Mängel auch eine optisch gleiche Erscheinung hervorrufen können. Dennoch soll folgende Auflistung eine Übersichtshilfe für den Wasserpflanzen-Aquarianer darstellen, geordnet nach den wichtigsten Nährstoffen.

1. CO2

CO2-Düngung

Im Fall von jeglichen Mangelerscheinungen an Wasserpflanzen solltest du dich zunächst dem Thema Kohlendioxid-Zufuhr widmen, bevor du dich mit den anderen Nährstoff-Faktoren auseinandersetzt. Denn die meisten unten aufgeführten Schadbilder wie gelbe Blätter oder Krüppelwuchs können auch durch eine Kohlenstoff-Unterversorgung entstanden sein. Eine CO2-Düngung ist unerlässlich für gesunden Pflanzenwuchs. In einem stärker bepflanzten Aquarium sollte die CO2-Konzentration auf etwa 20 bis 30 mg/l gebracht werden. Diese sollte permanent durch einen entsprechenden Dauertest überwacht werden. Wichtig ist, dass du die Indikatorflüssigkeit regelmäßig alle vier bis sechs Wochen erneuerst, damit der Test korrekt arbeiten kann.
Erst wenn du eine mangelhafte CO2-Versorgung ausschließen kannst, können die weiteren Themenfelder angegangen werden.

2. Makronährstoffe

Unter Makronährstoffen versteht man Nährstoffe, die von Pflanzen in größeren Mengen benötigt werden. Dazu zählen vor allem die Elemente Kalium, Phosphor und Stickstoff, aber auch Magnesium. Wir gehen nun im Einzelnen auf die wichtigsten Makronährstoffe und typische Mangelerscheinungen ein.

Stickstoff

Stickstoffmangel

Stickstoff (N) kann von Wasserpflanzen in verschiedenen Formen aufgenommen werden: Ammonium, Urea (Harnstoff), Nitrat. Für die Bestimmung des Stickstoffgehalts stehen in der Regel aber nur Wassertests zur Verfügung, die den Stickstoff-Gehalt in Form von Nitrat (NO3) erfassen. Optimale Konzentrationen liegen bei etwa 10 bis 25 mg/l NO3. Leider sind die meisten herkömmlichen Wassertests für Nitrat nicht besonders gut ablesbar und sorgen dadurch bedingt für Messfehler. Wir empfehlen zur Nitrat-Messung einen qualitativ hochwertigen Test, der eindeutig abzulesen ist, wie etwa den Nitrat-Test von Macherey & Nagel.

Gelbe Blätter

Eine typische Stickstoff-Mangelerscheinung ist die Gelbfärbung der Pflanze, vor allem der älteren Blätter. Aber auch zunehmend kleiner ausgebildete neue Blätter oder verkrüppelter Wuchs können Zeichen für ein Stickstoff-Defizit sein. Bei einigen Pflanzenarten kann sich ein deutlich rötlicher Farbton einstellen. Nicht selten kommt es bei Stickstoff-Mangel zu einem verstärkten Auftreten von Fadenalgen, Fusselalgen oder Pelzalgen im Aquarium. Mit Flüssigdüngern wie dem Aqua Rebell Makro Spezial N oder Advanced GH Boost N kannst du den Gehalt an Stickstoff gezielt anheben, ohne andere Nährstoffparameter stark zu beeinflussen. Bei einem gleichzeitigen Kalium-Defizit bietet sich der Aqua Rebell Makro Basic Nitrat an.

Phosphor

Phosphatmangel

Dieses Element wird durch herkömmliche Wassertests als Phosphat-Konzentration (PO4) ermittelt. Indizien für einen Mangel an Phosphor (P) lassen sich gut an schnellwachsenden Stängelpflanzen diagnostizieren. Typisch ist ein sehr langsames Wachstum sowie sich verkleinernde Triebspitzen.

kleine Triebspitze

Einige Wasserpflanzen können sich dunkel oder violett verfärben. Oft tauchen bei einem Phosphor-Mangel verstärkt Punktalgen auf. Empfohlen werden für ein bepflanztes Aquarium Phosphatkonzentrationen von etwa 0,1 bis 1 mg/l PO4. Ein bestimmter Gehalt muss allerdings nicht dauerhaft messbar sein und permanent aufrecht erhalten werden. Phosphat ist recht reaktionsfreudig und kann daher mit anderen Nährstoffen wie etwa Eisen Verbindungen eingehen. Zudem können Pflanzen dieses Element gut speichern. Insofern hat sich in der Praxis eine wöchentliche Stoßdüngung mit einem Phosphatdünger wie dem Aqua Rebell Makro Basic Phosphat bewährt.

Krüppelwuchs im Vergleich

Im Vergleich gut zu sehen: Unten eine gesunde Rotala, oben ein Exemplar mit Krüppelwuchs. Oft ist dies ein Indiz für einen Mangel an Makronährstoffen, wie zum Beispiel Phosphor.

Kalium

Kaliummangel

Typisch für einen Mangel an Kalium (K) sind löchrige Blätter bzw. absterbendes Blattgewebe (Nekrosen). Am Anfang sind diese nur als kleine, schwarze Punkte zu erkennen, wachsen aber dann zu sichtbaren Löchern heran, die teilweise gelb oder schwarz umrandet sind. Ähnlich wie bei einem Stickstoffmangel können auch hier gelbe Blätter mit reduziertem Wuchs einhergehen. Optimale Kaliumkonzentrationen liegen bei etwa 5 bis 10 mg/l. Als passenden Kalium-Wassertest empfehlen wir den Macherey-Nagel Visocolor ECO Kalium. Dieses Element kann mit einem reinen Kaliumdünger wie dem Makro Basic Kalium von Aqua Rebell gezielt angehoben werden. Mangelt es außerdem an Phosphor und Stickstoff, sind kombinierte Makronährstoffdünger wie der Makro Basic NPK oder Estimative Index vorzuziehen.

Nekrosen

Eine Rotala mit deutlichen Nekrosen (Löchern und schwarzem Gewebe). Hierfür kann ein Kaliummangel die Ursache sein.

Nekrosen an Javafarn

Typische Nekrosen an einem Javafarn.

Magnesium

Magnesiummangel

Das Element Magnesium (Mg) spielt für Pflanzen eine wichtige Rolle in der Photosynthese, denn es ist ein entscheidender Bestandteil des Blattgrüns (Chlorophyll). Ein Mangel zeigt sich häufig durch blasse oder gelbe Färbung älterer Blätter, wobei die Blattadern jedoch in der Regel grün bleiben. Magnesium ist in der Pflanzenaquaristik noch ein eher unterschätzter Nährstoff. Wenn du dich näher mit dem Thema beschäftigen möchtest, empfehlen wir dir den Artikel über das Calcium-Magnesium-Verhältnis.

Magnesiummangel

Diese Bucephalandra entwickelt gelbliche Blätter, während die Blattadern noch grün bleiben. Dies kann in einem Mangel an Magnesium begründet sein.

Mikronährstoffe

Mikronährstoffe sind Elemente, die die Pflanzen nur in geringen Mengen (zum größten Teil nur als Spurenelemente) für ihr Wachstum benötigen. Darunter fallen in erster Linie Eisen, aber auch andere Metalle wie Kupfer, Bor oder Mangan. Durch die Nutzung eines Eisenvolldüngers werden in der Regel sämtliche Mikronährstoffe abgedeckt.

Eisen

Eisenmangel

Durch einen Mangel an Eisen (Fe) bildet sich bei einer Pflanze weniger Chlorophyll in den Neuaustrieben. Ein Eisenmangel ist daher gut an den Triebspitzen schnellwüchsiger Stängelpflanzen zu erkennen. Das satte Blattgrün verblasst, und es kommt zu einer gelben bis weißen Färbung (Chlorose) der jungen Pflanzenteile.

helle Triebspitzen

Diese Stängelpflanze zeigt deutlich helle Triebspitzen aufgrund eines Eisenmangels.

Mit einem starken Eisenmangel können zusätzlich Kleinwüchsigkeit und schwarzes, absterbendes Blattgewebe (Nekrosen) einhergehen. Die Mangelerscheinungen lassen sich recht einfach durch eine leichte Erhöhung der Volldüngerzugabe beseitigen. Alternativ kannst du gezielt nur den Eisengehalt mit einem Spezial-Dünger wie dem Aqua Rebell Mikro Spezial Eisen anheben.
Ideale Eisenkonzentrationen für ein Pflanzenaquarium werden mit 0,05 bis 0,1 mg/l Fe angegeben, welche mit einem passenden Wassertest ermittelt werden können. Es ist allerdings nicht zwingend notwendig, einen permanent messbaren Eisenwert aufrecht zu erhalten. Gerade bei der Verwendung von schwach chelatierten Volldüngern wie zum Beispiel dem Aqua Rebell Mikro Spezial Flowgrow ist die Eisenkonzentration oft nur kurz nach der Düngung messbar. Nach mehreren Stunden kann der Eisenwert schon nicht mehr nachweisbar sein. Hier wird der Nährstoff aufgrund seiner leichten Verfügbarkeit sehr schnell von den Wasserpflanzen aufgenommen. Solange sich keine typischen Mangelerscheinungen zeigen, ist also eine Erhöhung der Düngung mit einem Eisenvolldünger nicht nötig. Im Gegenteil, eine Überdüngung kann unter Umständen sogar das Wachstum von Rotalgen wie Bart- oder Pinselalgen fördern. Diese lassen sich aber recht leicht durch geeignete Maßnahmen wieder entfernen.

Chlorose

Gut im Vergleich zu erkennen: Ein Blatt einer Zimmerpflanze mit Chlorose (links). Hier kann zum Beispiel ein Mangel an Magnesium oder Eisen der Grund sein.

Sonstige Spurenelemente

In der Regel deckt ein Eisenvolldünger nicht nur den Eisenbedarf der Wasserpflanzen, sondern auch deren Bedarf an allen anderen wichtigen Spurenelementen ab. In der aquaristischen Praxis werden daher diese anderen Mikronährstoffe und deren Mangelsymptome nicht besonders beachtet. Ein Mangel an Kohlenstoff, Eisen oder Makronährstoffen ist wesentlich wahrscheinlicher und sollte daher zuerst angegangen werden.

4. Licht

ADA Aquasky LEDs

Ein Lichtmangel kommt in einem abgestimmten System eher selten vor. Dennoch kann ein Mangel an Licht eine Ursache für schlechtes Pflanzenwachstum sein, allerdings sollte die Überprüfung der Nährstoffe der Punkte 1 bis 3 eine deutlich höhere Priorität haben. Der Lichtanspruch der Pflanzen sollte natürlich zu den technischen Gegebenheiten des Aquariums passen. Mangelerscheinungen zeigen sich zum Beispiel durch extrem langsamen Wuchs. Viele lichthungrige Pflanzenarten wie die meisten Stängelpflanzen, aber auch einige Bodendecker, neigen bei einem Lichtmangel dagegen zum "Vergeilen". Hierbei wächst die Pflanze mit sehr langen Internodien, das heißt weiten Abständen zwischen jeweils zwei Stängelknoten (Nodien), nach oben dem Licht entgegen. Eine Verstärkung der Beleuchtung sorgt für einen kompakteren Wuchs, wichtig ist dann aber unbedingt eine Anpassung der Zufuhr von Kohlendioxid sowie der Mikro- und Makro-Elemente. Die Lichterhöhung wirkt auf den Wuchs von Pflanzen wie ein Katalysator und zieht einen höheren Nährstoffverbrauch mit sich. Anderenfalls kann es zu einem Ungleichgewicht und dadurch begünstigtem Algenvorkommen führen. Oft ist aber auch ganz einfach die Standortwahl für eine bestimmte Pflanzengruppe nicht ganz optimal. Schlechte Ausleuchtung bestimmter Bereiche des Aquariums oder eine zu starke Abschattung durch andere Pflanzen oder durch die Dekoration sind gängige Ursachen. Eine Verbesserung der Standort-Situation schafft in diesen Fällen Abhilfe für die betroffene Pflanzengruppe.

Der richtige Blick

Rotala von oben betrachtet

Rotala von vorne

Der gleiche Stängel einer Rotala aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet: Von oben durch die Wasseroberfläche (oberes Bild) und durch die Frontscheibe (unteres Bild). Gut zu erkennen ist die Änderung im Rotton, welcher im unteren Bild deutlicher magentafarben erscheint. Die Verwendung einer RGB-Beleuchtung (hier: Twinstar LED Light) verstärkt diesen Effekt noch zusätzlich. Beide Fotos sind unter gleichen Bedingungen geschossen (Farbtemperatur: 3650 Kelvin).

Bei der Betrachtung von Mangelerscheinungen an Wasserpflanzen sollte man sich bewusst sein, dass gewisse optische Faktoren Einfluss auf das Ergebnis haben. Oft glaubt man, Defizite an einer Pflanze zu erkennen, wenn es eigentlich unbegründet ist. So hat die Farbtemperatur und Art der Beleuchtung Auswirkungen darauf, wie man die Farben einer Pflanze wie etwa das Blattgrün wahrnimmt. Neutral sind hier Lichtquellen mit Tageslichtspektrum von etwa 6500 Kelvin. Einige rein weiße LEDs hingegen lassen helle Grüntöne sehr blass und weißlich erscheinen. Dies könnte als Chlorose missverstanden werden. LED-Beleuchtungen mit erhöhtem RGB-Anteil hingegen verstärken zum Beispiel Rottöne, die unter neutralerem Licht wesentlich unspektakulärer aussehen. Wichtig ist auch der Einfallswinkel, unter dem man eine Pflanze im Aquarium begutachtet. Von oben durch die Wasseroberfläche betrachtet sehen hellgrüne Töne ebenfalls wesentlich blasser aus, als wenn man sich dieselbe Pflanze durch eine Seitenscheibe anschaut. Auch hier kann ein anderer Blickwinkel plötzlich den Eindruck einer Chlorose hervorrufen, die eigentlich nicht vorhanden oder zumindest nicht stark ausgeprägt ist.